Der STP-Strategieprozess: Segmentation, Targeting und Positioning

von Martin, zuletzt aktualisiert am 12. Januar 2019 • Marketing Grundlagen

Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, weshalb unterschiedliche Supermarktketten verschiedene Sortimente führen oder derselbe Nahrungsmittelhersteller unter verschiedenen Marken seine Produkte verkauft?

Die damit einhergehenden Unterschiede in Preis und Qualität existieren nicht zufällig. Sie sind Ergebnis eines Marketing-Mixes, der die jeweilige Zielgruppe und deren individuelle Bedürfnisse berücksichtigt.

Grund dafür ist die heterogene Zusammensetzung einer Gesellschaft. Diese setzt sich unweigerlich aus unterschiedlichen Segmenten zusammen. Jedes Segment zeichnet sich durch andere Bedürfnisse, Erwartungen und Einkommenslevel aus.

Marketer können diese Eigenschaften identifizieren und mit einem darauf abgestimmten Marketing-Mix gezielt adressieren. Hierfür existiert schon seit vielen Jahren eine durchdachte Vorgehensweise: der sogenannte STP-Strategieprozess.

STP steht dabei für die Segmentierung des Marktes (Segmentation), die Auswahl der richtigen Zielsegmente (Targeting) und die darauf aufbauende Positionierung (Positioning) einer Marke oder eines Unternehmens.

Der STP-Strategie-Prozess

Der STP-Strategie-Prozess

Mit Hilfe dieser schrittweisen Analysetaktik können Marketingaktivitäten bei intelligenter Umsetzung effektiv und effizient auf gewünschte Kundensegmente ausgerichtet werden. Der Traum eines jeden Marketers!

Inhaltsverzeichnis:

Einordnung und Definition

Egal ob im Startup oder Großkonzern – in Unternehmen steht in regelmäßigen Abständen fast immer dieselbe Frage im Raum: Wie erreiche ich interessierte und kaufkräftige Kunden und kann mich ihnen als besonders attraktiv präsentieren, damit sie immer wieder meine Ware beziehen?

Zum Zeitpunkt dieser Fragestellung existiert oft noch nicht einmal ein fertiges Produkt. Schließlich sollten Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe kennen und bestenfalls auf dieser Erkenntnis ihr Produktportfolio aufbauen.

Im ersten Schritt des STP-Prozesses geht es also zunächst darum zu verstehen, wie sich ein Markt zusammensetzt und welche Teile dieses Marktes für die eigenen Belange von Interesse sind. Ist man im Besitz dieser Erkenntnis, sollten diese identifizierten Segmente gezielt angesprochen werden. Das Produkt und die Kommunikation bis hin zum ganzheitlichen Marketingkonzept sollte demnach auf die Bedürfnisse des gewählten Zielsegmentes ausgerichtet sein.

Doch betrachten wir im folgenden den STP-Prozess einmal Schritt für Schritt:

Schritt 1: Segmentierung des Marktes (Segmentation)

Schritt 1: Segmentation des Marktes

Schritt 1: Segmentation des Marktes

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen Produkte und Dienstleistungen für die Gesamtheit eines Marktes anbietet. Gerade diese Annahme ist aber bei unerfahrenen Marketern weit verbreitet. So gut das eigene Produkt oder die Idee auch sein mag – meistens bedient es eine spezifische Zielgruppe, auf die der Marketing-Mix gezielt abgestimmt werden sollte. Der STP-Planungs- und Strategieprozess beginnt daher mit der Segmentierung (Untergliederung) des Marktes und stellt somit die Unterteilung eines heterogenen Marktes in kleinere und wesentlich spezifischere Teil- und Nischenmärkte dar.

Entscheidungsträger müssen sich eine möglichst detaillierte Übersicht über den bestehenden Markt verschaffen, um attraktive Zielsegmente identifizieren zu können. In diesem Schritt des STP-Prozesses müssen daher geeignete Variablen gefunden werden, anhand derer unterschiedliche Merkmale von Kundengruppen (Segmenten) klassifiziert werden können.

Die Unterteilung von Konsumenten in Gruppen

Marketer können kostenintensive Streuverluste ihrer Marketing-Aktivitäten vermeiden, wenn sie Kundensegmente mit gleichen oder zumindest ähnlichen Bedürfnissen und Ansprüchen identifizieren können.

Folgende Tabelle kann bei einer ersten groben Segmentierung helfen:

Mögliche Klassifizierungs-Eigenschaften von Segmenten

Mögliche Klassifizierungs-Eigenschaften von Segmenten

Demografische Eigenschaften wie das Geschlecht, das Alter oder der Wohnort können sozio-ökonomische Eigenschaften wie das Einkommensniveau, den Bildungsgrad oder die Wohnart zur besseren Einschätzung von Bedürfnissen unterschiedlicher Kundensegmente ergänzen.

Neben diesen objektiven Messmöglichkeiten existieren zudem psychografische Eigenschaften, die letztlich subjektiv bewertet werden. Analysen verschiedener Lebensstile geben beispielsweise Einblick in die unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnisse von Konsumenten. Eine nähere Beleuchtung damit verknüpfter Wertevorstellungen hilft Kundensegmente zu identifizieren, welche positiv auf gewisse Produktarten (z.B. nachhaltige Bioprodukte) reagieren würden.

Frameworks als Hilfsmittel zur Segmentierung

Bevor nun aber jedes kleine Startup seine komplette Zeit in Marktforschung investiert; es existieren zahlreiche Frameworks um diesen Marktforschungsprozess zu verkürzen, beziehungsweise noch tiefere Einblicke in die Bedürfnisse von Konsumentengruppen zu gewähren:

1. Das VALS Framework

Das VALS Framework geht davon aus, dass Konsum nicht nur von demografischen Faktoren abhängig ist, sondern vornehmlich durch persönliche Eigenschaften wie Innovationsbereitschaft oder Selbstbewusstsein gesteuert wird.

Damit verhilft es Marketern ein tieferes Verständnis der Psychologie unterschiedlicher Kundengruppen zu erlangen.

Versucht ein Startup beispielsweise ein innovatives Produkt zu vermarkten, sollte es jegliche Anstrengungen auf innovationsbereite Kundensegmente fokussieren, anstelle Marketing-Budgets auf weniger innovationsfreudige Konsumenten anzuwenden.

2. Die Sinus Milieus

Die Sinus Milieus in Deutschland. Quelle: SINUS-Institut

Die Sinus Milieus in Deutschland. Quelle: SINUS-Institut

Die Sinus Milieus greifen diese Thematik auf und geben Einblicke in die soziokulturellen Strukturen einer Gesellschaft. Das dahinter stehende Sinus Institut misst jährlich die Befindlichkeiten, Wertanschauungen und Lebensstile von Menschen mit verschiedenen sozialen Hintergründen und ordnet diese mehreren definierten Konsumentengruppen zu.

3. Der Familienlebenszyklus

Der Familienlebenszyklus dahingehend clustert Segmente nach dem Familienstand einer Person und dessen dadurch bedingte finanzielle Situation, welche sich wiederum unmittelbar auf das Konsumverhalten auswirkt.

Folgende Gruppierungen wurden mit diesem Framework definiert:

  • Junge Unverheiratete
    (finanzstark, erlebnisorientiert)
  • Junge Verheiratete oder Paare ohne Kinder
    (doppeltes Einkommen, langfristige Kaufentscheidungen)
  • Junge Familien
    (vermehrt finanzielle Verpflichtungen, oft nur ein Einkommen)
  • Familien mit älteren Kindern
    (Finanzen stabilisieren sich, vermehrt Wiederholungskäufe)
  • Erwachsenen-Haushalte
    (erstarkte Finanzstärke, Kauf von Luxusartikeln)
  • Ältere Unverheiratete
    (je nach Situation finanzstark/ -schwach, vermehrt Ausgaben für Gesundheit)

Relevanz und Unterscheidung definieren Segmente

Neben den genannten, existieren zahlreiche andere Frameworks zur Segmentierung von Konsumenten in einem Markt. Doch egal welches Framework zur Klassifizierung von Segmenten angewendet wird – die gewählten Kriterien sollten relevant und messbar sein. Definierte Segmente sollten sich klar voneinander unterscheiden und eine zeitliche Stabilität aufweisen, sodass langfristige Marketing-Strategien zuverlässig geplant werden können.

Mit der Identifizierung von Segmenten durch variierende Charakteristika und Verhaltensmuster erlangen Marketer ein klares Bild über die jeweilige Zusammensetzung eines Markts. So können sie besser einschätzen, welche Medienkanäle einzelne Kundensegmente überwiegend nutzen und wie diese auf etwaige Marketingaktivitäten reagieren würden.

Schritt 2: Auswahl der Zielsegmente (Targeting)

Schritt 2: Auswahl der Zielsegmente (Targeting)

Schritt 2: Auswahl der Zielsegmente (Targeting)

Nachdem im ersten Schritt die unterschiedlichen Segmente eines Marktes identifiziert wurden, müssen Entscheidungsträger nun die Attraktivität dieser Segmente anhand des Grads der Übereinstimmung mit den Zielen, Kompetenzen und Ressourcen ihres Unternehmens bewerten.

Die Attraktivität eines Segmentes kann anhand von Hilfsvariablen wie dessen Kaufkraft, Einfluss und Größe eingeschätzt werden.

Je besser der „Fit“ zwischen der Attraktivität eines Segments und den Ressourcen des Unternehmens, desto effizienter wird der entwickelte Marketing-Mix diese Zielgruppe zum Kauf animieren können.

Welches Segment passt zum Unternehmen?

Welches Segment passt zum Unternehmen?

Idealerweise können attraktive Markt- und Kundensegmente mit den vorhandenen Ressourcen eines Unternehmens angesprochen werden. Das heißt vorhandene Budgets, bereits etablierte Marketingkanäle oder die bestehende Expertise von Mitarbeitern reichen aus, um das definierte Zielsegment zu bedienen.

Gleichzeitig sollten weniger attraktive Cluster nur dann angezielt werden, wenn hierfür triftige Gründe vorliegen. Zum Beispiel die kurzfristige Gewinnung von Marktanteilen in bereits gesättigten Märkten, um langfristig eine Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten zu erlangen.

Die Konsumenten-Produkt-Matrix

Mit einer sogenannten Konsumenten-Produkt-Matrix können Entscheider schlussendlich ihre Produkte oder Dienstleistungen den ausgewählten Zielsegmenten zuordnen. Dies schafft besonders in großen Unternehmen eine Übersicht, welche Marken welche Zielgruppen bedienen (sollen).

Welche Produkte passen zum jeweiligen Kundensegment?

Welche Produkte passen zum jeweiligen Kundensegment?

Erschließung neuer Märkte durch neue Segmente

Je nach der Aufstellung eines Unternehmens kann die Wahl des Zielsegments den Eintritt in einen neuen Markt erfordern. Manager müssen dann bewerten, ob sie diesen Schritt und die damit verbundenen Verpflichtungen eingehen wollen. Folgende Kriterien helfen bei dieser Entscheidungsfindung:

Marktfaktoren

  • Größe
  • Wachstumsgeschwindigkeit
  • Marktlebenszyklus
  • Preiselastizität
  • Verhandlungsmacht von Käufern

Ökonomische und technologische Faktoren

  • Markteintritts- und austrittbarrieren
  • Verhandlungsmacht von Zulieferern
  • Investitionsbarrieren
  • Höhe und Attraktivität von anzunehmenden Margen

Wettbewerbsfaktoren

Makro-Umweltfaktoren

  • Politisch-rechtliche Umwelt
  • Ökonomische Umwelt
  • Technologische Umwelt
  • Gesellschaftliche Umwelt
  • Ökologische Umwelt

Nur nach einer ganzheitlichen Bewertung dieser Faktoren kann der nächste Schritt erfolgen: Die eigentliche Positionierung des Unternehmens, seiner Marken und damit verknüpften Produkte und Dienstleistungen.

Schritt 3: Positionierung (Positioning)

Schritt 3: Positionierung (Positioning)

Schritt 3: Positionierung (Positioning)

Mit der Marktsegmentierung konnten attraktive Kundengruppen definiert und daraufhin anvisiert werden. Die Positionierung definiert als letzter Schritt im STP-Strategieprozess nun die Ausrichtung aller Marketingmaßnahmen zur gezielten emotionalen und faktischen Bedürfnisansprache der zuvor definierten Kundensegmente.

Je nach Wettbewerbssituation müssen Marktteilnehmer mehr oder weniger intensiv ihre Unique Selling Proposition kommunizieren. Apple tat dies Ende der 90er Jahre mit seinem berühmt rebellisch angehauchten Werbespot. Dieser sollte gerade ambitionierte Konsumenten mit Lust auf Veränderung in ihrer Generation ansprechen. Noch heute profitiert der Konzern von der damalig innovativen Positionierung des Unternehmens, auch wenn sich seither die Marken- und Produktpositionierungsstrategie erheblich weiterentwickelt hat.

Fazit – Der STP-Strategieprozess als Erfolgsgrundlage für Marketingaktivitäten

Mit dem STP-Prozess können Manager attraktive Kunden- und Marktsegmente identifizieren und mit den gesammelten Informationen gezielt ansprechen.

Auch wenn der Aufwand zunächst enorm erscheinen mag – einmal richtig aufgesetzt, stellt die Positionierung eines Unternehmens, dessen Marken, Produkte und Dienstleistungen, den Kern aller Marketing-Aktivitäten dar.

Wird die Positionierung nicht sauber ausgearbeitet, führt dies zu Irritationen und Vertrauensverlust bei Kunden, verursacht durch uneinheitliche Kommunikationsinhalte/Botschaften nach innen und außen. Wer sich an den oben beschriebenen Prozess orientiert, kann dies relativ einfach vermeiden.

Wie adressieren Sie relevante Märkte?

Wie hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Ihre Erfahrungen, Fragen und Meinungen zum STP-Prozess interessieren mich! Hinterlassen Sie dafür einfach einen Kommentar. Ich freue mich auf einen spannenden Austausch!
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Geschrieben von Martin

Martin ist ein erfahrener Berater im Bereich eCommerce. Diese Seiten beinhalten eine Kollektion von verfassten Beiträgen im Bereich Marketing.

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