Brexit, Trump & Co. – Marketing Management in Zeiten des Umbruchs

von Martin, zuletzt aktualisiert am 12. Januar 2019 • Marketing & Strategie

Radikale Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft nehmen zunehmend Einfluss auf die Art und Weise, wie Manager Prozesse koordinieren und umgekehrter weise Konsumenten auf Marketingmaßnahmen von Unternehmen reagieren.

Wo wir auch hinblicken, etablierte Ordnungssysteme scheinen immer öfter in Frage gestellt oder bereits umstrukturiert zu werden. Aktuelle Beispiele: Der Brexit und die Wahl Donald Trumps.

Im heutigen Beitrag schauen wir uns deshalb an, wie Marketing Management auch in Krisenzeiten erfolgreich funktioniert.

Zeiten der Veränderung: Vielseitige Ursachen, zentrale Auslöser

Möchten wir die Kausalität für den derzeitigen Umbruch verstehen, lohnt sich ein Blick auf folgende Zahlen und Fakten:

Mit einem Wirtschaftswachstum innerhalb der 28 EU Staaten von +1,9% im Jahr 2016 und einer Erwerbslosenquote von gerade einmal 5,5%, geht es den Ländern so gut wie nie.

Wachstumsrate des realen BIP

Wachstumsrate des realen BIP – Volumen in der EU – Veränderung 2016 (blau) gegenüber dem Vorjahr 2015 (grün) (%) © Statistisches Bundesamt (Destatis)

Dennoch wird mit der Europäischen Union nur eingeschränkt wirtschaftlicher Wohlstand verbunden. Selbst unter Deutschen weist die EU ein enormes Vertrauensdefizit vor:

Umfrage zum Vertrauen in die EU

Der auf der einen Seite existierende kulturelle Wohlstand vermischt sich in der EU und den USA mit einem Gefühl nationaler Unzufriedenheit, welcher sich in der westlich-politischen Welt zuletzt im Brexit-Referendum und der Wahl Donald Trumps geäußert hat. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaft und deren Akteure.

Aber der Reihe nach:

Europa: Der Brexit

Der Unmut gegenüber der Europäischen Union hat sich in kaum einem Land so etabliert wie in Großbritannien, mit dem Brexit Referendum als Höhepunkt im Juni 2016. War der Beitritt des Landes im Jahr 1973 noch motiviert durch die Realisierung wirtschaftlicher Potentiale mit der Erweiterung des Binnenmarkts und Freihandelsabkommen, scheinen sich die Briten von diesen Vorteilen nun abzuwenden.

Zwar hat Großbritannien schon immer eine Sonderstellung in der EU eingenommen. Zu oft hatten die starren EU-Regulierungen und Krisen wie in 2008 das Land darin bestärkt, die Bewahrung der eigenen nationalen Souveränität anzustreben. Die Teilnahme an der Währungsunion, des Schengen-Abkommens oder auch des Vertrags von Lissabon blieben unverbindlich für das wirtschaftlich drittgrößte Land der EU. Ein kompletter Exit war allerdings lange nicht im Rahmen des realistisch Denkbaren.

Die ständige innenpolitische Debatte über Sinn und Unsinn der EU forderte schlussendlich ihren Tribut. Zu oft hinderte oder verzögerte diese die notwendigen politischen und wirtschaftlichen Umsetzungen. So schien das von David Cameron einberufene Referendum ein gehbarer Weg, die EU Zugehörigkeitsfrage ein für allemal zu klären. Der lange von der britischen Politik verbreitete, teils populistische Groll gegen die EU ließ schlussendlich keine Mehrheit für einen Verbleib in der Bevölkerung mehr hervorbringen.

Die Folgen des Austritts Großbritanniens aus der EU können bis dato in ihrem vollen Ausmaß nicht abgeschätzt werden. Mit Eintritt eines „harten Brexits“, würden alle Handelsabkommen mit der EU annulliert und Unternehmen ihre Ressourcen und Waren nur mit hohen Zöllen über die Grenzen hinweg bewegen können.

USA: Der Aufstieg Donald Trumps

Donald Trump 45. US PräsidentEin ganz ähnliches Bild ergibt sich in den USA. Wie konnte ein Immobilientycoon die Wahl zum 45. US-Präsident ohne jegliche politische Erfahrung gewinnen?

Auch hier spielte Populismus eine entscheidende Rolle.

Trumps verbreitete Botschaft der Bedrohung durch Globalisierung und ausländische Staaten, die sich an Amerika bereichern würden, polarisierte vor allem weiße Wähler aus nicht-akademischen Schichten. Diejenigen also, die die Masse der Wählerschaft in Amerika ausmachen und an denen die wirtschaftliche Erholung der vergangenen Jahre vorbeigezogen ist.

Ökonomischer Nationalismus gefährdet global agierende Unternehmen

Egal ob Euro-Krise, Flüchtlingskrise, der Brexit oder auch die Wahl politischer Hardliner wie Donald Trump. All diese Ereignisse haben eines gemeinsam: Sie sind zentrale Auslöser eines mehr oder weniger radikalen Wandels, aufgrund dessen sich Konsumenten als auch Manager verstärkt auf eine neue Umwelt einstellen müssen.

Globalisierung – Eine anhaltende Entwicklung?

Um diesen Stimmungstrieb in der Politik zu verstehen, muss man sich dessen Ursprung widmen.

Technischer Fortschritt und eine zunehmende Liberalisierung des Welthandels haben in den letzten Jahrzehnten zu einer engen Verflechtung verschiedenster Märkte und Gesellschaften beigetragen.

Die Globalisierung in der Wirtschaft

Die Globalisierung in der Wirtschaft ermöglicht effiziente Wertschöpfungsketten

Unternehmen erlangen so immer einfacher Zugriff auf geografisch entfernte, aber kostengünstigere Ressourcen. Wertschöpfungsketten können dadurch maximal effizient gestaltet werden.

Daraus resultiert die Fähigkeit, Preise weitaus schärfer im Markt ansetzen zu können, als die ineffizienter aufgestellte Konkurrenz. Und auch im Falle gleichbleibender Marktpreise können Unternehmen höhere Margen durch diese Kostenführerschaft erzielen.

Die Folge: Konsumenten vergleichen Produkte von einem in Deutschland produzierenden Unternehmen mit denen aus dem Ausland stammenden.

Durch die enorme Verfügbarkeit an kaum voneinander zu unterscheidenden Angeboten, hängt die schlussendliche Kaufentscheidung oft nur noch vom Preis- / Leistungsverhältnis ab.

Dadurch müssen sich nun selbst lokal agierende Unternehmen global behaupten.

Politik vs. Wirtschaft?

Der daraus scheinbar entstehende nationale Identitätsverlust führt zum Aufstieg nationalistisch geprägter Politik, welche sich in Slogans wie „America First“ oder „Brexit means Brexit“ manifestiert und entsprechende Handlungen zur Folge hat.

Ein drastisches Beispiel stellt die von Donald Trump im Wahlkampf formulierte Drohung dar, bei Produktionen von Autos oder Smartphones außerhalb der USA Strafzölle einzuführen.

Diese Androhung protektionistischer Strafen steht eindeutig dem Globalisierungstrend der letzten Jahrzehnte gegenüber und stellt betroffene Unternehmen vor verschiedene Herausforderungen.

Für Entscheidungsträger stellt sich zum einen die Frage, wie sie globale Wertschöpfungsprozesse entwickeln können, sodass diese auch unerwarteten politischen Wandel bestehen. Gleichzeitig müssen sie die Antwort auf die Frage finden, wie eine erfolgreiche Vermarktung gelingen kann, wenn ganze Gesellschaften in ihrer grundlegenden Weltanschauung auseinanderdriften.

Flexibilität und Effizienzorientierung als Fundament

Startups können für die Lösungsfindung einen guten ersten Anhaltspunkt bieten. Kleine Organisationseinheiten, eine Hand voll Mitarbeiter und der klare Fokus auf Wachstum machen sie zum wohl agilsten Teilnehmer am Markt.

In unruhigen Zeiten erschweren komplexe Strukturen die Agilität eines Unternehmens.

Dynamisch auf Trends reagieren zu können, stellt aber gerade in solchen Zeiten einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Als international agierende Organisation ist dies enorm wichtig, um den Anschluss an die Realität des jeweiligen Marktsegments nicht zu verlieren.

Die Agilität ist sowohl mit der Flexibilität, als auch mit der Geschwindigkeit der jeweiligen Wertschöpfungskette eng verknüpft. In Zeiten des Wandels müssen Produktionsstandorte, Zulieferer und andere Ressourcenquellen bei Bedarf relativ einfach ausgetauscht werden können. Ähnlich einem Baukastenprinzip, sollten Manager diese Glieder als singuläre Module innerhalb ihrer Wertschöpfungskette ansehen und deren Aufstellung regelmäßig hinterfragen. So kann ein Lösungsansatz zur Flexibilisierung der Wertschöpfungskette zum Beispiel sein, die Produktion eines Produktes komplett auszulagern.

Zudem ist die Reduktion der Komplexität einer Wertschöpfungskette zu analysieren. Welche Produkt- und Servicemerkmale stellen tatsächlich einen Mehrwert dar und welche können gegebenenfalls gestrichen werden?

Vorteil dieser Strategie ist die langfristige Ausrichtung auf Kostenführerschaft mit kurzfristigen Handlungsmöglichkeiten, welche bei eingeschränkt beeinflussbaren Ereignissen Früchte trägt. Demgegenüber steht der erhöhte Aufwand der Szenarienplanung, welcher in einem wirtschaftlich sinnvollen Gleichgewicht zu den damit verbundenen Kosten stehen muss.

Klare Werteorientierung und Positionierung in unruhigen Zeiten

Schon Heraklit von Ephesus (ca. 540 – 480 v. Chr.) wusste:

„Nichts ist so Beständig wie der Wandel.“

Diese alte Weisheit gilt noch heute. Neben der organisatorischen Aufstellung, ist die Kommunikationspolitik elementarer Bestandteil für das erfolgreiche Management in Krisenzeiten.

Vertrauen und Sicherheit gehören zu den wertvollsten Lebensknappheiten in einer Welt, in der Veränderung die einzige Konstante darstellt.

Marken profitieren von diesem Wandel und gewinnen bei Verbrauchern an Bedeutung, da diese von einer Vielzahl an sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Veränderungen beunruhigt werden.

Die glaubwürdige Positionierung einer Marke mit klarem Wertefokus schafft Stabilität, die Konsumenten wertschätzen und durch Käufe honorieren.

Politische Statements sollten bei der Markenkommunikation eher gemieden werden. Diese sind nicht zielführend und entfalten meist eine ungewollte Eigendynamik, die einen nachhaltigen Imageschaden verursachen kann.

Beim Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen haben sich beispielsweise zahlreiche Unternehmer gegen diese politische Handlung ausgesprochen. Das mag an mancher Stelle funktionieren, ist aber besonders für KMUs sicherlich nicht zu empfehlen.
Der Bezug auf eindeutige Themen wie dem der Nachhaltigkeit wäre in diesem Beispiel zielführender, insbesondere wenn das relevante Engagement des Unternehmens in diesem Themenfeld aufgezeigt wird.

Voraussetzung für eine stabilitätsorientierte Markenkommunikation ist die Kenntnis des relevanten Marktsegments. Bereits in „guten“ Zeiten sollte die Makro-Umwelt genauestens analysiert werden, um eine zielgerichtete Markenpositionierung zu ermöglichen. Ein gutes Werkzeug stellt hierfür die PESTEL-Analyse dar, welche ich bereits vor einiger Zeit hier im Blog vorgestellt habe.

Die Königsklasse: Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen

Nicht jede Veränderung zieht schwerwiegende Folgen nach sich. Doch jede Veränderung erfordert ein situationsbedingtes Anpassungsvermögen, welches im Rahmen eines betrieblichen Kontinuitätsmanagements koordiniert werden sollte. Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen sind dabei Schlüsselkonzepte zum Erfolg.

Standhaftigkeit, da sich Menschen in Zeiten des Wandels paradoxerweise nach genau dieser sehnen. Je unvorhergesehener eine Gesellschaft von einem Wandel getroffen wird, desto stärker ist die Ausprägung der Sehnsucht nach zuverlässigen Ankerpunkten. Davon profitieren insbesondere Marken, die in unruhigen Zeiten etabliert-gewohnte Wertvorstellungen kommunizieren können.

Durchhaltevermögen, da ein strukturiertes Experimentieren in ungewohnten Situationen notwendig ist. Marketing wird nach abgeschlossenem Brexit in Großbritannien anders funktionieren als heutige erfolgreiche Praktiken. Werden Kundenbedürfnisse nicht an die zu erwartenden neuen Makro-Umwelt angepasst, können Unternehmen ernsthafte Schäden oder vernichtende Verluste entstehen. Dies gilt es in jedem Fall zu vermeiden und bedarf einen gewissen Grat an Mut, neue Wege zu gehen und Durchhaltevermögen im Falle von Irrtümern zu beweisen.

Fazit – Marketer müssen sich auf Veränderungen einstellen

Veränderungen bedeuten für Konsumenten und Manager, sich auf neue Situationen einstellen zu müssen. Wer durch Anpassbarkeit auf der einen, Standhaftigkeit und Treue zu etablierten Prinzipien auf der anderen Seite glänzen kann, vermag seine Organisation auch durch die größte Krise zu steuern.

Die Anstrengungen zur Globalisierung haben eine Umgebung für effiziente Wertschöpfungsketten geschaffen, welche zukünftig durch politische Maßnahmen einzelner Länder torpediert werden könnten. Für Marketing Manager ist es daher wichtig, mit bedachten Risikoanalysen vorzubeugen und sich mit der existierenden Makro-Umwelt auseinanderzusetzen. So können auch in unruhigen Zeiten erfolgreich Marketingstrategien umgesetzt werden.

Wie hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Nun würde ich mich über Ihre Meinungen freuen: Wurden Ihre Marketing-Taktiken und -strategien schon einmal aufgrund politischer Entwicklungen beeinflusst? Inwiefern ist Ihre Organisation von europäischer Politik oder dem nahenden Brexit betroffen?

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Geschrieben von Martin

Martin ist ein erfahrener Berater im Bereich eCommerce. Diese Seiten beinhalten eine Kollektion von verfassten Beiträgen im Bereich Marketing.

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Eine Reaktion zu “Brexit, Trump & Co. – Marketing Management in Zeiten des Umbruchs”

  1. Ralph Belau sagt:

    Auch wenn man ihn als Person nicht mag, sollte man seine Qualitäten als das Marketing Genie des 21. Jahrhunderts nicht unterschätzen.

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