Der Customer Lifetime Value (kurz: CLV) ist eine Kennzahl aus der Betriebswirtschaft. Ins Deutsche wird der Begriff als Kundenwert oder Kundengesamtwert übersetzt.
Er beschreibt den Wert eines Kunden über die Dauer der aktiven Kundenbeziehung für ein Unternehmen.
Für die Berechnung des CLV wird neben den bereits in der Vergangenheit realisierten Erlösen auch das zukünftige Umsatz- und Ertragspotential eines Kunden berücksichtigt.
Die Erhebung des Customer Lifetime Value ermöglicht Marketern die Planung und Rechtfertigung von vorerst unprofitablen Maßnahmen zur Kundengewinnung als Investition in eine langfristig profitable Kundenbeziehung.
Inhaltsverzeichnis:
- Einordnung, Hintergründe und Bedeutung des CLV
- Berechnung des Customer Lifetime Value
- Bewertung des Customer Lifetime Value
Einordnung, Hintergründe und Bedeutung des CLV
Der CLV betrachtet den Gesamtwert eines Kundens über die gesamte Lebensspanne der Geschäftsbeziehung.
Damit distanziert sich dieses Modell von einer rein transaktionsorientierten Betrachtung von Kundensegmenten im Marketing. Vielmehr legt es den Fokus auf die Bewertung und die Pflege ertragsreicher Kundenbeziehungen. Schließlich ist nicht jeder Käufer für ein Unternehmen gleichermaßen profitabel:
Im Durchschnitt sind 20% der Kunden eines Unternehmens inaktiv und unprofitabel. Weitere 60% stellen aktive und profitable Kundengruppen dar, während dessen nur 20% der Gesamtzahl aller Kunden eines Unternehmens sehr profitabel und ebenfalls sehr aktiv sind, also häufig Einkäufe mit hohen Deckungsbeiträgen tätigen.
Insbesondere wenn Unternehmen auf Mischkalkulationen setzen, bei denen ein unprofitables Lockangebot zur ersten Kundengewinnung eingesetzt wird, muss dieser Tatsache Rechnung getragen werden. Wiederholungskäufe desselben Kunden mit höheren Margen sind dann notwendige Voraussetzung, um die Kosten der Beziehungspflege gewinnbringend zu decken.
Unternehmer sollten also nicht nur den Wert (d.h. Profitabilität) eines Kunden zu seinem ersten Kauf bewerten. Sondern vielmehr dessen Gesamtwert über die durchschnittliche Dauer des „Kundenlebens“.
Neben einer rückblickenden Betrachtung bereits realisierter Deckungsbeiträge wird mit dem CLV somit auch das zukünftige Umsatz- und Ertragspotential eines Kunden betrachtet.
Der CLV als Entscheidungsgrundlage für Maßnahmen im Bereich der Kundenakquise und Kundenpflege
Marketer klassifizieren Ihre Kunden oftmals auf Grundlage einer rein umsatzorientierten Betrachtung (Bsp.: ABC-Modell).
Diese Bewertung vernachlässigt jedoch die betriebswirtschaftlich relevantere Beurteilung zurückliegender Gewinnspannen und zukünftiger Ertragspotentiale bestehender Geschäftsbeziehungen.
Mit der Kennzahl des Customer Lifetime Value kann diese Klassifizierung vorgenommen werden. Sie findet dadurch vor allem im Bereich des Marketings und Customer Relationship Managements Anwendung und dient in diesen Bereichen als Entscheidungsgrundlage für die Maßnahmenauswahl zur Kundenakquise und Kundenpflege.
Sind die profitablen und unprofitablen Kundengruppen einmal identifiziert, können diese mit gezielt zugeschnittenen Marketingmaßnahmen angesprochen werden.
Die Absicht eines wachstumsorientierten Unternehmens zielt dann beispielsweise auf die Pflege profitabler Geschäftsbeziehung ab, um attraktive Kunden zu halten und die gemeinsame Geschäftsbeziehung zu pflegen. Potentiell weniger profitable Kundengruppen werden dahingehend mit Upselling-Angeboten angesprochen.
Berechnung des Customer Lifetime Value (inkl. Beispiele)
Stellen wir uns nun die Frage: „Wie berechne ich die Customer Lifetime Value?“, so ist diese gar nicht so einfach zu beantworten.
Tatsächlich existieren unterschiedliche Modelle und Formeln, um den CLV zu kalkulieren.
Die für Theorie und Praxis relevantesten stellen der einfache, der klassische und der standardisierte CLV dar.
Diese zentralen Berechnungsformeln werden wir uns nun im Folgenden näher betrachten und deren Vor- und Nachteile anhand nachvollziehbarer Beispiele veranschaulichen.
Doch zuvor benötigen wir eine Übersicht wesentlicher Kennzahlen als Grundlage:
t = durchschnittliche Kundenlebenszeit: Diese Kennzahl beschreibt die durchschnittliche aktive Lebensdauer der Kundenbeziehung. In unseren Beispielen beträgt diese 3 Jahre.
p = Gewinnspanne (Deckungsbeitrag) in % pro Kunde: In unseren Beispielen: 20%.
r = Wiederkaufsrate: Beschreibt den Anteil aller Kunden in Prozent, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes weitere Käufe tätigen. In den Beispielen: 30%.
m = Deckungsbeitrag: Der durchschnittliche Deckungsbeitrag, der mit den getätigten Käufen eines Kunden realisiert wird. In unserem Beispiel nehmen wir über die Kundenlebenszeit (t) einen durchschnittlichen Umsatz i.H.v. 47.400 EUR an. Bei einem Deckungsbeitrag von 20% (p) erzielen wir damit 9.480 EUR pro Kunde.
k = Kundenakquisations- /pflegekosten: Die Kosten, die ein Unternehmen zur Kundengewinnung und Kundenpflege im Durchschnitt aufwendet. In unserem Beispiel: 4.300 EUR.
i = Kostenabzinsungsfaktor: Beschreibt den Abzinsungsfaktor zukünftiger Zahlungen zur Ermittlung des Bar- oder Gegenwartswert. In unserem Beispiel: 5%.
s = Kundenumsatz: Der Durchschnitt der getätigten Umsätze eines Kunden pro Kauf. In unserem Beispiel: 15.800 EUR.
c = Kaufintervall: Beschreibt die Anzahl der Käufe innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. In unserem Beispiel tätigt ein Kunde jedes Jahr im Durchschnitt 3,2 Käufe.
Berechnungsbeispiel 1 (Einfache CLV-Formel)
Die einfachste Betrachtung des CLV bezieht sich auf eine simple Gewinn- und Kostensicht.
Hierfür wird der erzielte Deckungsbeitrag über die gesamte Lebensspanne einer Kundenbeziehung den Kosten zur Kundenaquise und Kundenpflege gegenüber gestellt:
Einfacher Customer Lifetime Value = (Kundenlebenszeit (t) * Kundenumsatz (s) * Deckungsbeitrag (p)) – Kundenaquisations-/ pflegekosten (k)
Mit unseren zuvor definierten Kennzahlen bedeutet das im konkreten Beispiel einen Kundenwert i.H.v. 5.180 EUR:
Einfacher CLV = (3 x 15.800 EUR x 0,2) – 4.300 EUR = 5.180 EUR.
Berechnungsbeispiel 2 (Klassische CLV-Formel)
Die klassische Berechnungsmethode des Customer Lifetime Value betrachtet den durchschnittlich erzielten Deckungsbeitrag (m) und berücksichtigt weitere Faktoren wie den der Wiederkaufsrate (r) und dem Kostenabzinsungsfaktor (i).
Damit zielt diese Betrachtungsweise weniger auf eine rein kostendeckende Gewinn- und Verlustrechnung ab. Sondern berücksichtigt vielmehr die zeitlichen Variablen, welche im Laufe einer aktiven Kundschaft den Wert eines Käufers steigern oder mindern können:
Klassischer Customer Lifetime Value = Deckungsbeitrag (m) x Wiederkaufsrate (r) / (1 + Abzinsungsfaktor (i) – Wiederkaufsrate (r))
Klassischer CLV = 9.480 x 0,3 / (1 + 0,05 – 0,3) = 3.792 EUR.
Berechnungsbeispiel 3 (Standard CLV-Formel)
Im Gegensatz zur einfachen und klassischen Berechnungsmethode, betrachtet die Standard CLV-Formel die Gewinnspanne auf den realisierten Umsatz während der durchschnittlichen Lebenszeit einer Kundschaft.
Der größte Nachteil bei dieser Berechnungsmethode stellt die Missachtung der Kosten für die aktive Kundengewinnung und Kundenpflege dar.
In unserem Beispiel beträgt der Customer Lifetime Value nach dieser Berechnungslogik daher 30.336 EUR.
Standard Customer Lifetime Value = Kundenlebenszeit (t) x (Kundenumsatz (s) x Kaufintervall (c) x Gewinnspanne in % (p))
Standard CLV = 3 ( 15.800 x 3,2 x 0,2) = 30.336 EUR.
Den durchschnittlichen CLV-Wert ermitteln
Jede der oben genannten Berechnungsmethoden hat ihre Daseinsberechtigung und jedes Unternehmen wird nach eigenem Ermessen weitere Faktoren zur Berechnung des Customer Lifetime Values, angepasst auf das eigene Geschäftsmodell, in Betracht ziehen.
Unternehmen mit einem breiten Produktportfolio werden somit verschiedene Berechnungsmethoden für die jeweiligen Geschäftsfelder nutzen.
Unterschiedliche Betrachtungs- und Bewertungsweisen können jedoch wie in unseren Beispielen in stark voneinander abweichenden Ergebnissen resultieren.
Daher macht es Sinn, einen gewichteten Durchschnitt für die Gesamtbetrachtung des Customer Lifetime Values zu ziehen.
In unserem Beispiel kommen wir so auf einen durchschnittlichen CLV i.H.v. 13.102 EUR.
Bewertung des Customer Lifetime Value
Der Customer Lifetime Value erfreut sich in Unternehmen und der Betriebswirtschaftslehre großer Beliebtheit aufgrund seiner Möglichkeit, den aktuellen und den potentiell zukünftigen Wert eines Kunden zu ermitteln.
Dies ermöglicht eine segmentierte Betrachtung und Bewertung von Investitionsentscheidungen in den Aufbau und die Pflege von Kundenbeziehungen, die vor allem im Bereich Marketing und im Customer Relationship Management getroffen werden.
Wird neben einer reinen Umsatzbetrachtung auch der Deckungsbeitrag in die Berechnung des Kundenwerts mit einbezogen, können Entscheidungsträger die Kosten für die Kundenakquise und -pflege gegen den langfristigen Kundenwert aufrechnen.
Zunächst verlustreiche Kundenbeziehungen können sich so mit den richtigen Maßnahmen zu einer ertragsreichen Kundschaft entwickeln.
Der Faktor Zeit ist bei der Betrachtung des CLV also von entscheidender Bedeutung.
Gerade im Bereich des digitalen Marketings und E-Commerce können die Kosten für das Customer Relationship Management niedrig ausfallen. Kosten für die effektive Nutzung von Social Media Plattformen, E-Mail Marketing und Re-targeting Maßnahmen sind meist niedriger als im klassischen Brick & Mortar Geschäft.
Einen weiteren Vorteil stellt nicht zuletzt die Nutzung von Analytics Software zum präzisen Performancetracking des CLVs dar.
Kritik am CLV-Modell
Kritik erfährt das CLV-Modell jedoch aufgrund seiner oftmals sehr ungenauen Messbarkeit. Das mag zunächst einmal konträr zu meinem vorherigen Satz erscheinen.
Doch oftmals messen Unternehmen die KPIs zur Ermittlung des CLVs nicht oder nur sehr ungenau. Im schlimmsten Fall greifen sie auf Schätzwerte zurück, die dann das Ergebnis verfälschen.
Ein weiterer Nachteil stellt die zugrunde liegende Logik der Rückwärtsbetrachtung des Customer Lifetime Value dar: In der Vergangenheit erzielte Umsätze und Deckungsbeiträge werden für den zukünftigen Kundenwert als fixe Konstanten angenommen. Dabei handelt es sich insbesondere beim Abzinsungsfaktor und der Wiederkaufsrate um flexible Variablen, welche von Faktoren wie Saisonalitäten und wirtschaftlichen Trends abhängig sein können.
Abweichungen zwischen historisch erzielten und zukünftig angenommener Werte werden in diesem Modell also oft gar nicht erst berücksichtigt und sollten von Unternehmen in die Berechnungslogik einbezogen werden.
Fragen? Meinungen? Kommentare?
Welche der oben stehenden Berechnungsmethoden nutzen Sie in Ihrem Unternehmen für die Ermittlung des Kundenwerts? Oder nutzen Sie vielleicht einen ganz anderen Ansatz?
Hinterlassen Sie Ihre Erfahrungen und Meinungen in den Kommentaren. Auch stehe ich Ihnen gerne bei Fragen zum Thema im Kommentarbereich helfend zur Seite.
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