Der Produktlebenszyklus ist ein überaus interessantes Konzept aus der Betriebswirtschaftslehre, welches Manager mit wichtigen Informationen zur erfolgreichen Etablierung von Produkten und Dienstleistungen im Markt versorgt.
Wieso Sie dieses Konzept auch als Marketer interessieren sollte?
Ganz einfach: Mit dem Produktlebenszyklus können Sie den prognostizierten Umsatz- und Gewinnverlauf Ihres Produkts oder Ihres Produktportfolios sichtbar machen und dazu begleitende Marketingmaßnahmen planen. Denn ein Produkt benötigt nicht nur während der Markteinführung Ihre Aufmerksamkeit.
Inhaltsverzeichnis:
- Der Produktlebenszyklus und seine einzelnen Phasen (Grundmodell)
- Die Boston Consulting Group (BCG) Matrix
- Einflussfaktoren auf den Produktlebenszyklus
- Fazit – Der Produktlebenszyklus als Handlungsorientierung für Manager
Der Produktlebenszyklus und seine einzelnen Phasen (Grundmodell)
Das Grundmodell des Produktlebenszyklus unterscheidet zwischen fünf verschiedenen Phasen, die ein Produkt von der Markteinführung bis hin zum schlussendlichen Marktaustritt durchläuft:
Phase 1: Markteinführung
Die erste Phase beschreibt die Markteinführung, welche mit dem Markteintritt des Produkts beginnt. Ab diesem Zeitpunkt kann das Produkt von Kunden erworben werden.
Während der Markteinführungsphase ist die Umwerbung des Produkts integraler Bestandteil für eine erfolgreiche und nachhaltige Vermarktungsstrategie, um Konsumenten auf das neue Angebot aufmerksam zu machen.
Erklärungsbedürftige Produkte müssen zudem von Beginn an potentiellen Kunden näher erläutert werden.
Je nach Branche, Produktart und Vermarktungsstrategie werden Produkte bereits vor dem eigentlichen Verkaufsstart beworben und können sogar teils vorbestellt werden. In der Videospielebranche zum Beispiel ist das die Norm, während dessen bei FMCGs Vorbestellungen eher eine Ausnahme darstellen.
Die Markteinführungsphase ist kostenintensiv und wirkt sich entsprechend negativ auf die Gewinnkurve aus. Der Grund? Unternehmen müssen zunächst mehr Geld in Marketingmaßnahmen investieren, als sie durch das neue Produkt einnehmen können. Mit den ersten Verkäufen steigt jedoch der realisierte Umsatz unverzüglich an.
Das Ende der Markteinführungsphase ist gekennzeichnet durch die Erreichung des Break-Even. Dem Punkt, an dem die Verkaufserlöse die Kosten der Produktion, bzw. des Produktes decken.
Break-Even = Absatz x Preis – Absatz x variable Kosten – Fixkosten = 0
Dabei ist zu beachten, dass nicht jedes Produkt die nächste Phase des Lebenszyklus erreicht. Viele Produkte scheitern bereits nach der Markteinführung und/oder erreichen nie die Gewinnschwelle.
Phase 2: Wachstum
In der anschließenden Wachstumsphase kontinuiert der steigende Absatztrend, immer mehr Kunden erwerben das Produkt. Dieser Trend muss durch fortlaufende Kommunikationskampagnen unterstützt und beschleunigt werden.
In der Regel wird in dieser Phase auch die breitere Konkurrenz auf das Produkt aufmerksam. Erste Preiskämpfe und Imitationen können im betroffenen Marktsegment die Folge sein.
Phase 3: Reife
Mit dem Erreichen der Reifephase klingen die überdurchschnittlichen Wachstumsraten allmählich ab.
In diesem Abschnitt erreichen die meisten Produkte ihren profitabelsten Zustand, da sie weniger intensiv mit Marketingmaßnahmen bespielt werden müssen und Marktanteile bereits in der Wachstumsphase gewonnen werden konnten.
In der Reifephase wird Wachstum fast nur noch durch die Kundenabwerbung von Konkurrenzprodukten erzielt. Um nicht selbst Opfer dieses Vorgehens durch Wettbewerber zu werden, muss die kontinuierliche Entwicklung der eigenen Marke und Marketingbotschaften im Vordergrund stehen.
Phase 4: Sättigung
Die darauf folgende Sättigungsphase ist gekennzeichnet durch einen Rückgang von Umsätzen und Gewinnen. Ein Marktwachstum existiert in dieser Phase bereits nicht mehr.
Vielmehr herrscht ein neuer Verdrängungswettbewerb vor, mit dem versucht wird, die Kostenführerschaft zu erlangen. Unternehmen versuchen durch die Streichung von Kostenblöcken Produkte günstiger als alle anderen Marktteilnehmer anzubieten.
So erwirtschaften sie selbst dann noch einen Gewinn, wenn ihre weniger effizient aufgestellte Konkurrenz zum selben Preispunkt bereits deutliche Verluste einfahren und somit einen Preiskampf verlieren würde. Wird die Kostenführerschaft erfolgreich erlangt und aufrechterhalten, kann die Sättigungsphase maximal von Unternehmen ausgenutzt werden.
Phase 5: Degeneration
Schlussendlich mündet der Produktlebenszyklus in der Degenerationsphase. Diese zeichnet sich durch einen zunehmenden Verlust von Gewinn, Umsatz und Marktanteilen aus, der auch mit Marketinganstrengungen nicht mehr aufgefangen werden kann.
Der Fokus für Unternehmen mit Produkten in dieser Phase liegt nun auf deren Weiterentwicklung, beispielsweise durch die Einführung weiterer Produktvarianten oder eines Nachfolgemodells. Im Bereich der Nassrasierer erfolgt dies beispielsweise durch die ständige Adaption von Produktmerkmalen wie der Ergonomie oder Klingenanzahl.
Mit der Erreichung der Degenerationsphase endet das Grundmodell des Produktlebenszyklus; das Produkt „stirbt“.
Die Boston Consulting Group (BCG) Matrix
Basierend auf dem erläuterten Grundmodell des Produktlebenszyklus wurde von der Boston Consulting Group die sogenannte BCG-Matrix entwickelt.
Diese dient primär zur Ableitung und Erkennung strategischer Potentiale des bestehenden Produktportfolios.
Kernbestandteil ist allerdings auch bei dieser Analyse die Feststellung, in welchem von vier Entwicklungsquadranten (Question-Marks, Stars, Cash-Cows, Poor Dogs) sich ein Produkt befindet.
Gemessen wir dies am existierenden Marktwachstum und relativen Marktanteil.
Relativer Marktanteil = Marktanteil Ihres Unternehmens / Marktanteil des stärksten Konkurrenten
Durch ihre strategisch-quantitative Ausrichtung ist die BCG-Matrix in der Praxis meist die bevorzugte Wahl von Unternehmen, den Produktlebenszyklus zu skizzieren.
Question Marks (Fragezeichen)
Ein Produkt im Feld der Question-Marks zeichnet sich durch einen niedrigen relativen Marktanteil bei gleichzeitig hohem Marktwachstum aus. In dieser Phase befinden sich Produkte zumeist im Launch.
Der Question-Mark Quadrant entspricht somit der Markteinführungsphase des zuvor erläuterten Grundmodells des Produktlebenszyklus. Weiteres Wachstum der relativen Marktanteile wird auch hier durch Investitionen in Marketingaktivitäten erzielt.
Stars (Sterne)
Produkte mit einem hohen relativen Marktanteil und hohem Marktwachstum werden dahingehend als Stars bezeichnet. Manager sollten bei Produkten innerhalb dieses Quadranten Investitionen tätigen, um vom stark wachsenden Marktsegment möglichst lange zu profitieren und weiteres Wachstum zu ermöglichen.
Cash-Cows (Goldesel)
Sobald das Marktwachstum abflaut, aber weiterhin hohe relative Marktanteile zu verzeichnen sind, befinden sich Produkte im Bereich der Cash-Cows.
Sie erwirtschaften durch gesunkene Kostenstrukturen weiterhin erhebliche Gewinne und stellen für Unternehmen den profitabelsten Quadranten der BCG-Matrix dar.
Neue Marktanteile können jedoch ähnlich wie in der Reifephase des Grundmodells nur noch durch die Abwerbung von Kunden der Konkurrenz gewonnen werden.
Poor Dogs (Arme Hunde)
Am Ende des Produktlebenszyklus angelangt, lassen sich Produkte im Bereich des geringen Marktwachstums und relativen Marktanteils bei den Poor Dogs einordnen.
Sie sind die Problemprodukte innerhalb eines Produktportfolios und erwirtschaften zunehmend Verluste. In dieser Phase muss der Marktaustritt, beziehungsweise ein Produktrelaunch durchgeführt werden.
Einflussfaktoren auf den Produktlebenszyklus
Egal ob Grundmodell oder BCG-Matrix – die Länge und der Verlauf des Produktlebenszyklus verhält sich von Produkt zu Produkt unterschiedlich und kann immer nur rückblickend bewertet werden.
Unternehmen haben mit den Instrumenten des Marketing-Mix die Gestaltung der einzelnen Phasen in der Hand und können den Produktlebenszyklus mitunter durch geschickte Preissetzung, Kommunikationskampagnen und einer hohen Servicequalität beeinflussen.
Doch auch externe Umweltfaktoren bestimmen die Dauer der einzelnen Phasen grundlegend. Veränderungen der politisch-rechtlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können den Produktlebenszyklus genauso beeinflussen wie der plötzliche Markteintritt von Wettbewerbern oder Substitutprodukten.
Fazit – Der Produktlebenszyklus als Handlungsorientierung für Manager
Das Konzept des Produktlebenszyklus lässt sich aus der Theorie heraus in der Praxis mit geringem Aufwand anwenden.
Das eigene Produktportfolio können Manager entweder mit dem aufgezeigten Grundmodell oder der BCG-Matrix unter Berücksichtigung von Marktdaten und internen Datenpunkten bewerten.
Je nachdem in welcher Phase sich die einzelnen Produkte eines Unternehmens befinden, müssen Marketinginvestitionen getätigt oder vorausschauend neue Produkte erforscht und entwickelt werden, um Umsatzverluste zu vermeiden.
Mit dem Konzept des Produktlebenszyklus lassen sich so gezielt Handlungsempfehlungen für vorausschauende Vermarktungstaktiken definieren. Manager sollten hierbei immer die gesamtheitliche Betrachtung in einer solchen Analyse einbeziehen. Denn auch die Entwicklung des Gesamtmarkts nimmt direkten und indirekten Einfluss auf die Entwicklung einzelner Produkte.
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Danke Martin.